10. November 2014

Geologie im Alten Ägypten

Am 26. November 1922 öffnete Howard Carter die versiegelte Tür die zum Grab von Tutanchamun - Pharao im alten Ägypten von 1332 – 1323 v.Chr.  -  führte. Das Grab quoll über von kostbarem Schmuck, darunter eine Brustplatte die mit einem Skarabäus, aus einem grünlich-gelblichen Edelstein mit seltsamen Glanz geschnitten, verziert war. 

Abb.1. Brustplatte, Bild von Jon Bodsworth (wikipedia).

Zunächst wurde der Edelstein als Chalcedon identifiziert. Einige Zeit später durchstreifte jedoch der Engländer Patrick Clayton die großen Sandseen der Lybischen Wüste. Am 29. Dezember 1932 entdeckte er dabei einige Glasstücke die aus dem Sand ragten. Zwei Jahre später veröffentlichte er zusammen mit Leonard Spencer vom britischen Museum die Entdeckung. Zunächst wurde vermutet bei dem sogenannten "Lybischen Wüstenglas" handle es sich um Kieselsäureablagerungen eines ehemaligen, heute ausgetrockneten Sees. Allerdings findet man Lechatelierit und Baddeleyit, Quarzvarietäten die sich nur unter hohen Temperaturen oder Druck bilden können, sowie Spuren von Eisen, Nickel, Chrom, Kobalt und Iridium - seltene Spurenelemente in der Erdkruste, die sich aber gehäuft in Meteoriten finden.
Moderne Hypothesen erklären das Wüstenglas als Tektite - aufgeschmolzenes Material (vor allem Sand) eines Meteoriten-Impakt - allerdings wurde bis heute kein sicherer Meteoritenkrater, der zum Streufeld passen würde, entdeckt. 
 
Auch in der Kosmetik der damaligen Zeit spielten Mineralien eine Rolle. In verschiedenen Döschen, die als Grabbeigabe den Toten mitgegeben wurde, entdeckte man fein gemahlenen Bleiglanz. Bleiglanz war der Hauptbestandteil von "kohl" (oder "kajal") der schwarzen Augenschminke, wie sie auch die Figuren in den Fresken oder Statuen der Gräber tragen (außerdem schützte die schwarze Umrandung die Augen vor der gleißend hellen Sonne).  

Abb.2. Der junge Tutanchamun, Bild von Jean-Pierre Dalbéra (wikipedia).

Cerussit, ein natürliches Blei-Karbonat, wurde verwendet um die Schminke nötigenfalls aufzuhellen. Laurionit und Phosgenit sind künstliche Bleiverbindungen, die ebenfalls in einigen Resten von Schminke und Balsam nachgewiesen wurden. Wahrscheinlich wurden diese Mineralien als Heilmittel verwendet.
 
(Edel-)Steine spielten nicht nur als Schmuck des Äußeren, sondern auch für die inneren Werte, in der Religion der alten Ägypter, eine bedeutende Rolle. Obelisken, Steinpylonen die den Eingang von Tempeln zierten, wurden durch den Mythus inspiriert, dass Ra, die Sonne, am Anfang der Welt auf einen großen Stein erschien - daher sind Obelisken immer dem Sonnengott Ra geweiht. Die ältesten erhaltenen Obelisken reichen bis 2.400 v. Chr. zurück, wie eine Inschrift im Gräberfeld von Qubbat-al-Hawa (um 2.300 v. Chr.) bezeugt:
 
"Mein großer Pharao ordnete an, zwei Schiffe zu bauen… um zwei Obelisken nach Norden nach Heliopolis zu transportieren."
 
Der größte bekannte Obelisk, der Obelisk von Assuan, mit einer Länge von 42m und einem geschätzten Gewicht von über 1.000 Tonnen, blieb unvollendet, vielleicht weil das ausgesuchte Gestein sich als zu brüchig erwies (der längste, aufgerichtete Obelisk überhaupt scheint, zumindest nach historischen Beschreibungen, ein 57 Meter langer Obelisk, gewollt von Tuthmosis III. - 1479 - 1425 v.Chr., gewesen zu sein).

Abb.3. Der Tempel von Luxor, Bild von Jerzy Strzeleck (wikipedia).
 
Auch beim Bau der Pyramiden spielte Gesteinsqualität und Geologie eine Rolle. Zunächst einmal ersetzte der Baumeister Imhotep (um 2700 v. Chr.) Holz und Ziegel der ersten Grabmonumente mit Stein, um eine "himmlische Treppe", die die Ewigkeit überstehen konnte,  zu errichten. Die Cheops-Pyramide, als größtes und eindrucksvollstes Grab, wurde hauptsächlich aus Kalkstein errichtet. Einer der antiken Steinbrüche für das Baumaterial liegt unmittelbar östlich der Pyramide. Für die äußere Verkleidung wurde dagegen der hochwertige Kalkstein von Tura verwendet, einige Kilometer südlich gelegen.
 

Für die königliche Grabkammer wurde der rötliche, noble Assuan-Granit verwendet. Für den schnell-härtenden Mörtel, der alles zusammenhielt, wurde außerdem große Mengen von Gips benötigt, der in der Ebene von el-Faiyum, mehr als 120 Kilometer entfernt, aus gipshaltigen Schichten gewonnen wurde. (bei älteren Pyramiden wurde dagegen Ton als Fugenmaterial verwendet).
 

Beim Bau der Pyramiden spielte auch der Baugrund deine Rolle. Die Pyramide von Maidum bei Kairo wurde auf Sanddünen errichtet. In Folge rutschen die schweren Steinplatten der äußeren Verkleidung von der Pyramide und das Bauvorhaben wurde aufgegeben. Besser erging es der Pyramide von Cheops, die auf der stabilen Kalkplattform von Giza (die auch das Baumaterial lieferte) errichtet wurde... und noch heute steht.

Neben der Steinverarbeitung, spielten auch Metall- und Glasverarbeitung eine bedeutende Rolle. Von einem Relief im Grab des Rechmire war bekannt, das die altem Ägypter Metallherstellung in industriellen Maßstab kannten. In 1980 wurde in der archäologischen Stätte von Pi-Ramesse (das "Haus des Ramses, geliebt von Amun groß an Siegen" eine Schmelzbatterien für Bronze entdeckt die tonnenweiße Bronze produzieren konnte.  

Als "sementi" wurden ab 3200 v. Chr. Prospektoren bezeichnet, die hauptsächlich nach Goldlagerstätten suchten. Gold, als Metall der Sonne, war von außergewöhnlicher Bedeutung und mit den Göttern assoziiert, und daher auch mit dem "göttlichen Pharao" - daher standen Bergleute unter dem direkten Schutz des Pharaos. Lagerstätten für Gold waren hauptsächlich im südlichen Ägypten vorhanden, große Lieferungen von Gold stammen aber auch aus Nubien (im 5 Jhd. v. Chr. berichtet der griechische Geschichtsschreiber Herodot von der nubischen Metropole von Meroä, in der Gold - angeblich - häufiger war als Kupfer). Tatsächlich wurden zwischen 1901-1903 im Sudan von britischen Geologen 85 antike Bergwerke entdeckt.
 

Für die Färbung von Glas können Mineralien verwendet werden. Für rotes Glas wurden Goldsalze verwendet, Eisen - je nach Wertigkeit - ergibt braunes und grünes Glas, Kupfer färbt blau und Kobalt wird für ein tiefblaues Glas verwendet. Allerdings verwendeten die Ägypter eine besondere Verarbeitungsmethode für das berühmte "Ägyptisch-Blau" (Blau war als Farbe des Himmels und der Ewigkeit den Ägyptern heilig), die Farbe wurde dadurch erzielt, dass das Glas nicht völlig durchgeschmolzen wurde.

Literatur:


HEROLD, A. & PUSCH, E. (1998): Ramses II. - der erste Großindustrielle. Bild der Wissenschaft, Nr. 12: 68-73
PINTER, C. & STEHLIK, H. (2003): Rätsel im brennend heißen Sand: Das lybische Wüstenglas. LAPIS Nr.10: 11-16