28. Dezember 2015

Vom Bergbau, Waldrodung und Umweltzerstörung

"Ein Baum, der umstürzt, macht mehr Krach als ein ganzer Wald, der wächst." Tibetanisches Sprichwort
 
Jede Zivilisation, ob sesshaft oder Jäger-Sammler, schädigt oder verbraucht die natürlich vorkommenden Ressourcen ihrer Umgebung. Bereits in der Vorgeschichte folgte dem Auftauchen des Menschen ein Massensterben an Großwild. Der frühe Mensch jagte nicht nur direkt die Tiere, sondern durch Brandrodung zerstörte er oft auch ihre Umwelt. 
Nachweislich gab es schon Rodungen und wahrscheinlich Beweidung von Almen in den Alpen um 4.700 bis 3.200 v. Chr. 

Ackerbau verwandelte Wälder in Monokulturen in denen nur gewissen Pflanzen das Wachstum erlaubt wurde. Diese einseitige Nutzung des Bodens laugte ihn aus, ständige künstliche Bewässerung führte zur Versalzung des Bodens und die absterbende Pflanzen konnten den Boden nicht mehr vor der Erosion schützen. 
Bereits der griechische Philosoph Platon (428/427 oder 424/423 bis 348/347 v.Chr.) beklagt:
 
Der gesamte humusreiche und saftige Boden von den höher gelegenen Ländereien gleitet unaufhörlich abwärts und verschwindet in der Tiefe. Nur das nackte Gerippe des Gebirges, dem Skelett eines Kranken gleichend, ist übrig geblieben. Der kärgliche Boden des vegetationsarmen Landes kann die jährlichen Niederschläge nicht mehr aufnehmen. Sie fließen rasch ins Meer, sodass die Quellen und Bäche versiegen.“
 
Die griechischen und später römischen Flotten verschlangen Unmengen an Holz, so dass entlang des Mittelmeers ganze Küstenabschnitte kahlgeschlagen wurden. Auch in den Alpen kann mittels Pollenanalyse das Erscheinen der Römer und ihren Einfluss auf die Vegetation nachgewiesen werden. Die Römer betrachteten Wälder als unkultivierte Wildnis und Rodungen waren daher auch eine politische Handlung, wobei auch hier einzelnen Stimmen, wie von Plinius der Ältere (23 oder 24 n.Chr. bis 79 n.Chr.), auf die Gefahren der Erosion und Hochwasser hinweisen. Die römischen Rodungen sind auch durch eine verstärkte Sedimentation rund um Rom nachweisbar und der Hafen von Ostia Antica, an der Mündung des Tiber gelegen, verlandete im 1. Jahrhundert n.Chr. wegen der erhöhten Sedimentfracht des Flusses.
Die römischen Bergwerke für Gold und Eisen hatten der Landschaft schweren Schaden zugefügt. Plinius der Ältere schreibt in seiner „Naturalis historia“ „Als Sieger blicken die Bergleute auf den Einsturz der Natur … Wie unschuldig glückselig, ja wie prächtig wäre das Leben, wenn wir nicht anderes, als was über der Erde ist, begehrten.“  Der griechische Philosop Platon (428-348 v. Chr.) schreibt in seinem Kritias-Dialog "Einst trugen die Berge Bäume. Jetzt fließt der Regen vom kahlen Land direkt ins Meer ab."


Abb.1. Im 16-18. Jahrhundert werden die Alpen langsam von technischen und wissenschaftlichen Neuerungen erobert, in diesem Bild des Holländischen Künstlers C.D.Van der Hech sieht man einen Bergbau als Zeichen der Zivilisation, der fast schon im Widerspruch mit der unberührten Berglandschaft erscheint.

Während den Wirren der Völkerwanderung erholte sich der Wald, vor allem in den Talebenen breitete sich Auenwald aus. Die Rodung nahm ab dem Mittelalter wieder beträchtlich zu, durch Nutzung der Hochflächen als Weiden und vor allem durch das nötige Brennmaterial der Schmelzöfen der zahlreichen Bergwerke. Bergordnungen die Kahlschläge vorsahen und sich im Flachland bewährt hatten wurden auch aufs Hochgebirge übertragen, was zur Kahllegung besonders steiler und erosionsgefährdeter Bergflanken führte. Franz von Sallinger schreibt in 1789 „...daß man auf einmal den ganzen Berg so vom Holze entblößt, daß man kein Bäumchen noch Stäudchen darauf läßt.“ Murkatastrophen waren die Folge.

Im Mittelalter führten die Rodungen im Einzugsbereich der Flüsse zur Zunahme der Erosion und Absenkung des Grundwasserspiegels. Gerodete Flächen lassen mehr Wasser abfließen und mehr Boden wird abgetragen. Allein die Waldschicht hält wie ein Schwamm 10-15% der Niederschläge zurück (und bis zu 30% an Schneefälle), die Abflussgeschwindigkeit am Waldboden ist gerade mal 25%  der Fließgeschwindigkeit auf nackten Boden.  Nach einer Rodung führt das zusätzliche Wasser zur Erosion von Erde und Gestein, dieses Sediment wird von den Gebirgsbächen den größeren Flüsse zugeführt.
Die zusätzliche Sedimentfracht verschlammte die weiter unten liegenden Flüsse. Stehende Gewässer waren aber ein perfektes Brutgebiet für Stechmücken die die Malaria verbreiteten. Im eigenen Interesse führten daher die Venezianer als Erste eine Art Naturschutz ein. In eigens angelegte Forste wurde Bauholz gewonnen um so zeitgleich die natürlichen Wälder als Erosionsschutz zu erhalten. Aber das Bevölkerungswachstum im europäischen Mittelalter führte zu einer immer stärkeren Nutzung und Überbeanspruchung der Wälder, so das erste Nutzungsbeschränkungen eingeführt wurden um Schutzwälder im Gebirge zu erhalten. Um 1591 verfügte die Salurner (Südtirol) "Rigelordnung": 


"Es soll auch niemand keinen raut im Wald nit machen noch prennen, weder jetzt oder hinfür, ob aber in ain ort verhanden wär, da ainer gar ohn schaden mit nuzperkait gmacht werden mechte, das selb ort sollen die viertlmaister außzezeigen gwalt haben."
 
Bis zum14. Jahrhundert gab es fast keine intakten Wälder mehr in Mitteleruopa.
Erst mit Ausbruch großer Seuchen schrumpfte die Bevölkerung und die Wildnis konnte sich einige Jahrhunderte lang erholen. Mit dem Erneuten Aufkommen von Bergbau und vor allem dann  mit der industriellen Revolution begann eine neuerliche Attacke an den Wäldern Europas von nie gesehenen Ausmaß.
 
Im Jahre 1713 publizierte der Oberberghauptmeister in Freiberg (Zentrum des Bergbauwesen im Erzgebirge, die Gewinnung von Silber, Kupfer, Zinn und Kobalt verschlang gewaltige Mengen an Holz), Hans Carl von Carlowitz (1645-1714), ein Buch mit dem Titel „Sylvicultura oeconomica – Anweisung zur Wilden Baum-Zucht“. Aus einer adeligen Familie stammend, die das Floßwesen im Erzgebirge überwacht hatte, hatte er Erfahrung mit der (Über-)Nutzung des Waldes und spätere ausgedehnte Studienreisen bestätigten ihn in seiner Sichtweise.„Binnen wenig Jahren ist in Europa mehr Holz abgetrieben worden als in etzlichen seculis wachsen“, für kurzfristigen Profit wird der Wald gerodet aber „...durch Säen und Pflantzen und andere gehörige Arten in Stand erhalten werde, darauf denckt fast niemand.“ In seiner Sylvicultura fordert Carlowitz deshalb die „nachhaltende Nutzung“ dieser Ressource.
Abb.2. Waldrodung um 1700, aus "Sylvicultura oeconomica".

Bergordnungen die Kahlschläge vorsahen und sich im Flachland bewährt hatten wurden auch aufs Hochgebirge übertragen, was zur Kahllegung besonders steiler und erosionsgefährdeter Bergflanken führte. Franz von Sallinger schreibt noch in 1789 „...daß man auf einmal den ganzen Berg so vom Holze entblößt, daß man kein Bäumchen noch Stäudchen darauf läßt.“ Murkatastrophen waren die Folge. 

Im 20. Jahrhundert setze schließlich Umweltverschmutzung den Wäldern zu. Heutzutage führt das Auflassen von Siedlungsraum in den Alpen zu einer erneuten Zunahme des Waldanteils, wobei es jedoch lokal doch auch große Probleme mit Schipisten oder Verbauungen gibt.
 
Literatur:
 
THOMMEN, L. (2009): Umweltgeschichte der Antike. Verlag C.H.Beck: 188

26. Dezember 2015

Gesteinsbildende Minerale: Feldspäte

Auf der Erde sind mehr als 7.000 Mineralien bekannt, wobei aber nur etwa 70 häufig sind und nur rund 10 Mineralien bauen 95% der Erdkruste auf, davon

- 58% Feldspäte
- 16,5% Augit (Pyroxene), Hornblende und Olivin
- 12,5% Quarz
-  3,5% Glimmer
-  3,5% Eisenoxide
- 1,5% Calcit

Die geringe Anzahl der gesteinsbildende Minerale widerspiegelt die limitierende Verfügbarkeit von chemische Elemente auf der Erde, wobei Sauerstoff, Silizium und Aluminium (Hauptbestandteile vieler Silikate) bei weiten die häufigsten sind.

Feldspäte sind die verbreiteste Minerale überhaupt – sind sie doch die wichtigsten Minerale in allen magmatischen Gesteinen und typisch auch für Metamorphite, nur in Sedimentgesteinen sind sie aufgrund ihrer leichten Verwitterbarkeit eher selten.
Der Name Feldspat leitet sich aus der deutschen Bergbausprache ab und bezieht sich einerseits auf die ausgeprägte Spaltbarkeit, andererseits auf die Härte, -Feld- ist eine alte Bezeichnung für Fels bzw. hartes Gestein.

Abb.1. Periklin ist eine häufige Feldspat-Varietät in alpine Mineralklüfte.
Abb.2. Augengneis, typisches Gestein hochgradiger Metamorphose. Große, aber deformierte Feldspat-Kristalle in einer Matrix von Glimmer und Quarz.

21. Dezember 2015

Kristallographen Keplers Gespür für Schnee

Der deutsche Astronom Johannes Kepler studierte nicht nur die Bewegung der Sterne, sondern interessierte sich auch für die Geometrie von Schneeflocken. 1611 publizierte er ein kleines Büchlein mit dem Titel „Strena seu de Nive sexangula - Über den sechs-zackigen Schnee“ in dem er sich fragt

Woher kommt es, dass gleich zu Anbeginn die Schneekristalle, bevor sie noch zu größeren Flocken sich zusammenballen, sechszackig fallen stets und mit sechs rauen Strahlen, wie ein Gefieder anzusehen?“. 

Abb.1. Kristalle setzen sich aus regelmäßig angeordneten Teilchen zusammen, aus Kepler´s Abhandlung.

Kepler erkannte das  Wasserdampf regelmäßig auskristallisiert, allerdings konnte er nur auf eine alchemistische geheimnisvolle Kraft zurückgreifen woher diese ursprünglich Symmetrie stammt:

Es wohnt also eine formbildende Kraft in dem Leib der Erde, die hervorgeht mit dem Dunst, ein Lebensgeist, vergleichbar der menschlichen Seele.“ 

Die sechseckige Form der Schneekristalle beruht auf die Wechselwirkung der einzelnen Wassermoleküle, Feuchtigkeit und Temperatur. Fällt ein wachsender Schneekristall durch die Atmosphäre durchquert er schichten mit leicht unterschiedlichen Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen, auch der Wind tut sein übriges, da er jeden Fall einer Schneeflocke individuell gestaltet, so ist auch die endgültige Form der Schneekristalls individuell und einzigartig. 
Es gibt Schneekristalle mit drei, zwölf, 18 und 24 Strahlen, da die meisten Kristalle bei ihrem langen Weg zerbrechen oder verschiedene Kristalle miteinander verschmelzen, stets ist der Wert aber ein Vielfaches oder Teil von sechs. Schneekristalle können je nach Temperatur flächenförmig, säulenförmig oder die klassische Schneeflocken-Form annehmen, an den Ecken ist nämlich die Wahrscheinlichkeit das Wassermoleküle auftreffen größer als an eine gerade Kante.
Abb.2. Quarzkristalle, nach “Chrystallographie ou description des formes propres a tous les corps du regne mineral” von Rome de l´Isle (1783). Quarz wurd ein der Antike als ewig gefrorener Schnee gedeutet. So schreibt Plinius der Ältere (23-79 n.Chr.) „Wir können mit Sicherheit angeben, dass man er [der Bergkristall] in den Felsen der Alpen entsteht, oft an so unzugänglichen Orten, dass man ihn an einem Seil hängend herauszieht.“

14. Dezember 2015

Früher Bergbau in den Alpen: Der Stahl der Steinzeit

Bereits vor 9.000-9.100 Jahren wurde Silex im Bereich der Alpe Schneiderküren (1.540m SH) im Kleinwalsertal in Vorarlberg bearbeitet. Der Silex oder Feuerstein stammt von dem 15km entfernten Widderstein, wo dunkelgrüne bis graugrüne Radiolarit-Bänke anstehen und die frühen Bergmänner in Nischen entlang des Hangs das Gestein abgebaut hatten. Bei dem „Stahl der Steinzeit“ handelte es sich um Gesteinsarten die zu Werkzeugen weiterverarbeitet werden können, Feuerstein ist das bekannteste Material, aber in den Alpen wurden auch andere Gesteine verwendet:
Festgesteine:
Amphibolit/Nephrit, Serpentin, schleifbar und zäh, ideal für Beile.
Verkieselte Oolithkalke und Kalkgesteine.
Obsidian, fast optimales Gestein, allerdings sehr spröde

Quarz und Quarzkristalle: Im Zillertal wurde auf 2.800m SH in der Mittelsteinzeit (8.000-4.000 v.Chr.) Quarzkristalle aus Klüfte abgebaut. Deses Mineral ist zwar nicht so geeignet für Werkzeuge wie Silex, sicherlich aber optisch beeindruckender. Quarzkristalle wurden aus den Alpen bis zum Achensee im Norden und nach Trient im Süden exportiert.
 
Silex: unter diesen Begriff fasst man Kieselsäure-basierende Gestein mit muscheligen Bruch zusammen, zumeist biogenen Ursprungs, es werden zwei Hauptgruppen unterschieden
  1. ) --Hornstein: lagiges Material, meist in Formationen des Jura
       ---Radiolarit
       ---Lidit
       ---Spiculit
       ---Diatomit
       ---Chalcedon/Opal 
  2. ) --Feuerstein: knolliges Material, meist in kreidezeitlichen Formationen
Abb.1. Steingerät aus Feuerstein.

Die Qualität des Gesteins ist wichtig für die Eignung zur Bearbeitung. Der Steinzeitmensch war natürlich an einem perfekt geformten Abschlag interessiert, da dieser erste Abschlag vom Kernstein zu weiteren Steingeräten verarbeitet werden kann. Beim Schlag auf das Gestein entstehen Spannungswellen und die Reflexion und Eindringtiefe der Wellen ist abhängig von der Reinheit und Kompaktheit des Gesteins – zerrüttetes Gestein oder Gestein mit Inhomogenitäten wie Klüfte oder Sedimentationsgrenzen ist daher ungeeignet.
In den Nördlichen Kalkalpen dominieren mesozoische (Trias und Jura) Sedimente, von denen einige auch die begehrten Kieselgesteine führen. Fundpunkte mit bearbeiteten Material weisen darauf hin das dieses Gesteine auch abgebaut und von Steinzeitmenschen für die Herstellung von Steingeräte verwendet wurden.
Der Hauptdolomit ist grau bis bräunlichgrau, deutlich im Meterbereich gebankt mit oft deutlicher Rhythmik. Er erreicht bis zu 1500m Mächtigkeit. Im Landschaftsbild ist er durch raue, schroffe Wände, tiefe Runsen und meist stärkerer Schuttbildung gekennzeichnet. Nach oben hin geht er in Wechsellagerung mit dünnbankigen, mergelhaltigen und plattigen Kalken über (Plattenkalke). Die Plattenkalke verzahnen mit den Kössener Schichten - Mergel und Mergelkalke. Wegen der leichten Verwitterbarkeit bilden die Kössener Schichten meist Verebnungsflächen, die als Almhorizonte mit fruchtbaren Böden große wirtschaftliche Bedeutung haben.
Der Rhätische Riffkalk, massige weiße Kalke, kann tektonisch bedingt fehlen. In Karsttaschen des Plattenkalke können rote Kalke (auch Lias-Kalke oder Rotkalk-Gruppe genannt, die Ammergauer-Formation und Ruhpolding-Formation zusammenschließend) vorkommen. 
Über die roten Liaskalke treten rote, violettliche oder schmutzig grünliche Hornsteinschichten bzw. Radiolarite auf. Sie erreichen nur einige Meter an Mächtigkeit und zerfallen, tektonisch beansprucht, in feinen, scharfkantigen Schutt. Im Liegenden, besonders im Rofan-Gebiet, hängen mit den Radiolariten Kieselmergel und im Hangenden auch Kieseltone, Hornsteinkalke und –brekzien zusammen.
 
Abb.2.& 3. Tektonisch weniger überprägte Radiolarit-Aufschluss an einem Bachufer im Rofan-Gebiet.

Tatsächlich wurden in der Nähe zu den natürlichen Aufschlüssen der Radiolarite, einige hundert Meter entfernt, bei einer archäologische Grabung Hinweise auf eine frühe Abbautätigkeit gefunden.  Eine Radiolarit-Platte wurde hierher transportiert und auf ihre Qualität getestet, wie auch mehrere Kerne auf Bearbeitung des Materials schließen lassen. Funde von Steingeräten lassen einen älteren - mittelsteinzeitlichen Lagerplatz schließen. Das Überangebot an, zumindest für inneralpine Verhältnisse, gut bearbeitbares Material, lässt reges Sammeln vermuten, so wurde tatsächlich drei Kilometer entfernt ein weiterer Lagerplatz entdeckt.

27. November 2015

Die Walthersche Faziesregel

In 1791 schlug der berühmte Chemiker Antoine Laurent de Lavoisier (1743-1794) vor das sich die Küste von Frankreich, genügend Zeit und Eintrag von Sand durch Flüsse vorausgesetzt, langsam Richtung tieferes Wasser verlagern müsste. Dies sollte man auch in den Sedimenten sehen, Tiefwasserablagerungen sollten sukzessive von Sandablagerungen, typisch für einen Strand, überlagert werden.
 
Aber erst Johannes Walther (1860-1937) wandte dieses aktualistische Prinzip konsequent auf die geologische Vergangenheit an und formulierte die moderne Faziesregel - bei ungestörter Schichtung können Fazies übereinander liegen die zeitgleich nebeneinander liegen. Zum Beispiel bei einem Anstieg des Meeresspiegels und  Vorrücken des Meeres, kommt es zu einer Transgression der Tiefwasser-Fazies die die Strandfazies überschüttet und überlagert – Fazies die rezent räumlich getrennt nebeneinander liegen kommen daher in einem geologischen Profil übereinander zu liegen. Der Begriff Fazies wurde vom Schweizer Geologen Amanz Gressly (1814-1865) eingeführt, der ihn als "Summe aller primären organischen und anorganischen Charakteristika einer Ablagerung an einem Ort", oder einfacher gesagt - Gesamtheit der Merkmale eines Gesteins, die durch die Ablagerungsort beeinflusst werden – definierte.
 
Walther war von kränklicher Gesundheit und musste mehrmals die Schule abbrechen, privat aber an Naturwissenschaften interessiert lernte er den Geologen Adolf von Koenen (1837-1915) und interessierte sich ab da auch für  Erdgeschichte. Walther arbeitete zunächst als Landwirt, aufgrund seines wissenschaftlichen Enthusiasmus wurde er trotz fehlendem Abitur an der Universität Jena aufgenommen, wo er  Botanik, Philosophie und Zoologie studierte. Nach der Promotion in 1882 studierte er Geologie und Paläontologie in Leipzig und München. Er fand eine Anstellung als Dozent in Neapel, wo er die Gelegenheit hatte die Sedimente des Golf von Neapel zu studieren. Im Sommer 1884 kartierte er zusammen mit Edmund von Mojsisovics (1839-1907) die Nördlichen Kalkalpen. Walther verglich die Verteilung der Gesteine im rezenten Golf von Neapel mit den fossilen Gesteinen der Kalkalpen bzw. die Rolle von kalkabscheidenden Organismen im Aufbau von Sedimentgestein. Rezente wie fossile Kalkriffe bleiben eines seiner Steckenpferde, studiert er sie doch in den folgenden Jahren in Ägypten, Sinai, Indien und Sri Lanka. Er bereist Zentralasien und schließlich in 1914 Australien.
 
Walther war der Erste, der beobachtbare Sedimentationsprozesse (vor allem im marinen Bereich) der Gegenwart anwandte um die Sedimentationsprozesse in  der Vergangenheit zu verstehen, vor allem in seinem Werk "Einleitung in die Geologie als historische Wissenschaft" führte er diese Vorgehensweise, die auch heute noch in der modernen Geologie angewendet werden kann, zu ihrer Vollendung.

Abb.1. Der Rosengartens (Dolomiten) zeigt beispielhaft das Übereinanderliegen und Verzahnung verschiedener Fazies - über eine horizontale Karbonatplattform (Contrin-Formation) liegen Tiefseeablagerungen der Buchenstein-Formation, diese werden von links nach rechts von Riffschutt der Schlern-Formation überschüttet.

Abb.2. Profil gezeichnet von Mojsisovics von Mojsvar, 1879.
 
Literatur:
 
HUBMANN, B. (2009): Die großen Geologen. Marix-Verlag: 192

22. November 2015

Kunst & Geologie: Film-Geologie

Landschaften und ihre geologischen Besonderheiten können eine wichtige Rolle in Filmen spielen. Was wäre der Western ohne Monument Valley oder Goldfieber? James Bond ohne tropische Insel inklusive Superbösewicht-Versteck im aktiven Vulkan? Die Gefährten ohne die Hochebenen und dem Schicksalsberge?  

Die Szenen der „Herr der Ringe“  Trilogie (2001-2003) wurden in Neuseeland gedreht, der Vulkan Ngauruhoe spielt dabei den Schicksalsberg und Mount Owen die weiten Prärien des Tales von Dimrill Dale, östlich der Schicksalsberge, den Neuseeländischen Alpen im wahren Leben.



Spätestens seit diesen Filmen ist Neuseeland unter Filmmachern legendär. So ersetzt der Vulkan Mount Taranaki und die umgebenden Wälder kurz mal Mount Fuji im Film „Last Samurai“ (2003).
Nicht das erste Mal das fremde Landschaften für klassische Gegenden einspringen. Das eindrucksvolle Training des Batman (2008) wurde nicht im Himalaya, wie der Film weismachen will, sondern in einem anderen geologischen Traumgegend gefilmt, am Svínafellsjökull in Island.




Sieben Jahre in Tibet“ (1997) wurde in den südamerikanischen Anden gedreht, geologisch gesehen ist ein Gebirge entlang einer Subduktionszone ziemlich etwas anderes als die Kontinent-Kontinent Kollision im Himalaya, aber funktioniert trotzdem für die Stimmung des Films.
Die alten Winnetou Verfilmungen wurden aus Kostengründen nicht in Amerika, sondern im Karstgebiet des ehemaligen Jugoslawien gefilmt. Zwei große Klassiker des Spaghetti-Western, „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968) und für eine „Handvoll Dollar“ (1964), wurden in Spanien aufgenommen. 

Exotischer geht es in Filmproduktionen mit entsprechendem Budget zu - Jäger des verlorenen Schatzes“ (1981) spielt tatsächlich in der Schlucht von Petra, die antike „aus dem Fels herausgeschlagenen Stadt“ in Jordanien.
 

In der (geschichtlich sehr freien) Comicverfilmung "300" spielt die geologisch bedingte Engstelle des Thermopylen Pass eine wichtige Rolle.



Eingeengt zwischen hohen Bergen und dem Meer konnte eine Vorhut von Spartanern an dieser Engstelle den Marsch der Perser lang genug hinauszögern um Gegenwehr weiter Inland zu organisieren, die hohen Berge und das Einfallen zum Meer hin sind durch tektonische Störungen bedingt. Der eigentliche Filmlandschaft wurde allerdings komplett am Computer erschaffen. 

In verschiedenen Bergsteigerfilme spielt natürlicherweise der Berg eine tragende Rolle - „Everest“ (2015) wurde am Schnalstaler Gletscher in Südtirol gefilmt und in „Cliffhanger“ (1993) ersetzt der Lagazuoi in den Dolomiten die amerikanischen Rocky Mountains.
Abb.1. Die Tofane vom Lagazuoi (2.700m) aus gesehen, einmal im Film und einmal in der Realität - bestehend aus deutlich gebankten Hauptdolomit.

Neben der Schönheit oder Einzigartigkeit des Drehorts oder Location, spielen natürlich auch Erreichbarkeit eine Rolle - so ist der Gipfel des Lagazuoi, im Gegensatz zum Berg im Film, der mühsam vom Helden erklettert werden muss, ganz einfach mittels Seilbahn für Jedermann erreichbar.

Terrestrische Landschaften können auch für fremde Planeten herhalten, wenn auch etwas getrickst werden kann. "Prometheus" (2012) kann tricktechnisch vor allem mit seinen Landschaftsaufnahmen überzeugen, hier wurden Szenen aufgenommen in Island und Jordanien mittels Computer zusammengefügt.

21. November 2015

Kunst & Geologie: Die Magie des Karfunkelsteins

"Der Granat ist ein roter Stein, doch nicht wie der Rubin, weil dessen Röte wie eine rote Flamme und ohne Schatten ist [...] Und dieser Stein entsteht im Orient [...] Wenn er geschliffen und poliert wird, dann offenbaren sich sein Glanz und seine Klarheit."
Aristoteles, Über die Steine (322 v. Chr.)
 
Der griechische Philosoph Theophrastos von Eresos (371-287 v. Chr.) beschreibt Granate als "antrax" (Kohle), wohl vom feuerroten Glanz des Almandins oder Spessartins inspiriert. Der moderne Begriff Granat wird von Albertus Magnus (1200-1280) eingeführt, in 1270 beschreibt er diese Minerale als "granatus", Korn,  wohl aufgrund der abgerollten kubische Kristalle die oft in Sedimenten gefunden werden können. Almandin ist kein seltenes Mineral, kommt er doch in metamorphe wie auch magmatische Gesteine vor, relativ hart sticht er durch seinen Glanz und seine auffällige rote Farbe hervor und spielt eine wichtige Rolle im Laufe der Zeit und Kulturen.
 
Abb.1. Granat-Glimmerschiefer aus der Abfolge des Tauernfensters.

Der Almandin, eine der begehrtesten Granat-Varietäten, verdankt seinen Namen Plinius dem Älteren, Naturforscher der während des Ausbruchs des Vesuvs im Jahre 79 sein Leben verlor. Plinius beschreibt diese Varietät als "carbunculus alabandicus" – carbunculus war ein allgemeiner Name für eine ganze Reihe roter Minerale, wie Granat und Rubin, alabandicus  bezieht sich auf die Stadt von Alabanda, Kleinasien, in der heutigen Türkei, berühmt für ihre geschliffenen Edelsteine und wichtiger Handelsplatz für Almandin.

Schon in ägyptischen Zeiten, 2.000 v. Chr., war er ein beliebte Schmuckstein. Der rote Glanz des Almandins wurde mit Blut und der Sonne in Verbindung gebracht und ihm wurden mannigfaltige magische Eigenschaften zugeschrieben, war er doch gleichermaßen wirksam gegen Dämonen wie auch Gifte. Es verwundert nicht das auch der Karfunkelstein eine wichtige Rolle in Märchen und Sagen spielt. Im Ostgotenreich (489-553) war Almandin ein begehrter Schmucksteine, er wurde sogar aus dem dem fernen Indien importiert. 

Abb.2. Bibel verziert mit Gold, Smaragd, Saphir und Granat, um 600.

Noch weit bis ins 19. Jahrhundert galten Granate als Edelsteine des kleinen Mannes, da die Lagerstätten in Europa wie der Spessart oder die Alpen leicht auszubeuten waren.

16. November 2015

Kluft, Spalte...oder Störung?

Eine Kluft ist ein Trennungsbruch der entsteht wenn ein Gestein auf eine Beanspruchung spröde reagiert, also bricht. Alternativ könnte man sie auch als Bruch, Fuge, Riss oder Ruptur bezeichnen, ein kaum verwendeter Begriff ist Diaklas, für eine senkrecht zur allgemeinen Schieferung stehende Kluft.

Genau genommen kommt es bei einer Kluft zu keiner Lageveränderung der Bruchflächen. Ist eine Kluft offen spricht man von Spalte (bzw. gefüllt mit Gesteinszerreibsel), wenn es darin zu einer Auskristallisation kommt spricht man von Adern oder Gänge (Alpine Mineralküfte sind daher eigentlich keine Klüfte), bei magmatischen Intrusionen spricht man von Dyke oder vulkanischen Gang und schließlich, kommt es zu seitlichen Bewegungen, ist es geologisch gesehen eine Störung.
 
Klüfte sind von besonderen geologischen und praktischen Interesse und können verschiedene Ursachen haben, Druckentlastung bei Plutoniten (Exfoliation), Schrumpfungsrisse (bei Vulkaniten), tektonischer Stress kann zur Ausbildung eines Kluftsystem oder Kluftnetz führen,  also Kluftscharen mit unterschiedlicher Orientierung (zumeist mehr oder weniger senkrecht zueinander stehend).
 
Abb.1. Kluftsystem, bestehend aus sich verschneidenden Kluftscharen (Gruppen von orientierten Einzelklüften) in Radiolarit, Madonie (Sizilien), typische tektonische Klüfte in spröden Gestein.
Abb.2. Basaltsäulen in den Dolomiten, durch Abkühlung und Schrumpung entstehen regelmäßig angeordnete Klüfte.
Abb.3. Dike in den Dolomiten, das verwitterungsanfällige vulkanische Gestein erodiert langsam, aber schneller als der umgebende Riffkalk, zurück bleibt ein Hohlraum.

Abb.4. Kluft oder Spalte? Trennfläche in Marmor mit Grafit-Belag - Hinweis auf eine Bewegung entlang der Fläche, also eine Störung?

13. November 2015

Kunst & Geologie: Im Wein liegt Geologie

Auf der rechten Seite des Kalterersees wächst auf sonnigen Hügeln dürren Kalkgesteins der berühmte von ihm genannte Wein, der mildeste und öhlreichste in Südtirol, mehr rot als weiss, in Flaschen abgezogen mit den Weinen des griechischen Archipels um den Vorrang streitend, wesentlich verschiedene von dem, was sich oft in der Nähe und Ferne seinen Namen anmasst.“
Beda Weber "Das Land Tirol" (1838)
 
Abb.1. Weinernte, Fresko im italienischen Schloss Buonconsiglio, um 1400.

9. November 2015

Kunst & Geologie: Die Pracht der Steine

Ursprünglich bezeichnete eine Daktyliothek eine Sammlung von Fingerringen, diese Bedeutung wurde aber vor allem in der Renaissance auch auf Sammlungen von geschnittenen Steinen, wie Gemmen und Kameen, ausgeweitet. Die Schmucksteine passten bei einigen dieser Sammlungen auch auf speziellen Ringen, die wie ein normaler Ring am Finger getragen werden konnten.

Abb.1. Titelseite der „Dactyliotheca“, um 1601, neben dem Sammler (vielleicht der Autor Abraham Gorlaeus selber?) sieht man die offene Daktyliothek mit den ovalen Vertiefungen für die einzelnen Gesteinsproben.
 
Mit Glyptotheken verstand man eine Sammlung geschnittener Schmucksteine (Glypten).
 
Lithotheken oder Gesteins-Bibliotheken waren Sammlungen geschnittener und polierter Gesteine, die vor allem lehrreich sein sollten. Eine Variante davon sind Tische mit Einlegearbeiten verschiedenster Gesteine (oder versteinerter Dung...), zu denen oft auch ein Katalog der verwendeten Gesteine beigefügt war.

Abb..2. Gesteins-Bibliothek mit polierten Proben aus Tirol, 19. Jahrhundert.

7. November 2015

Edelsteine und fremde Kulturen: Metamorphe Mineralien der Südsee

Ihr sollt gen Süden fahren, um einen neuen Kontinent zu entdecken […] für den Fall, Ihr findet Minen, Mineralien oder kostbare Steine, so sollt ihr Proben jeder Art mitnehmen.“  so lautete einer der Aufträge der englischen Admiralität im Jahre 1768 an James Cook (geboren am 7 November 1728-1779), Kapitän der „Endeavour“, unterwegs in die Südsee. Ein Jahr später setze Cook als erster Westlicher seinen Fuß auf Neuseeland. 

Doch Neuseeland war nicht unbewohnt und seine mineralischen Schätze schon seit Jahrhunderte Teil der Maori-Kultur. So wurde Perlmutt aus den Schalen von Meeresmuscheln gewonnen und zur Verzierung der Kriegskanus, genannt "Waka", verwendet, wie auch den traditionellen Schnitzereien an den Wohnhäusern.
Aus weniger noblen, dafür aber harten, Gesteinen wurden Steinkeulen hergestellt. Cook notiert pflichtbewusst „Beile oder Äxte – teils aus einem harten schwarzen Stein, teils aus einem grünen Talkschiefer [gefertigt]. Für kleinere Arbeiten und Schnitzereien benützen sie […] Bruchteile aus Jaspis.“ Mit den Werkzeugen aus harten Gestein fertigten die Maori auch Schmuck an, vor allem die begehrten „Hei-Tiki“, die traditionell aus Jade bzw. dem Mineral Nephrit (bei den Maori als "Pounamu", "Kawakawa" oder "Inanga" bekannt) oder Bowenit ("tangiwai") hergestellt wurden und ebenfalls mit Perlmutt verziert werden konnten. Die Flüsse in die diese Mineralien aufgelesen wurde, wurden bezeichnenderweise „Te Wai Pounamu“ genannt – Pounamu-Wasser. 

Abb.1. Darstellung einer Maori mit traditionellen „Hei-Tiki“, Gemälde des österreichische-tschechischen  Künstlers Gottfried Lindauer (1839-1926). Die „Hei-Tiki“ stellten mythische Urahnen dar und symbolisierten Heirat und Fruchtbarkeit. 

Nephrit ist eine Amphibolit-Varietät, ein zähes Gestein durch die Verzahnung der einzelnen Mineralfasern. Bowenit ist eine Antigorit-Varetät, vor allem in Serpentiniten vorkommend, bei denen es sich um metamorph umgeprägte bzw. alterierte ultramafische Gesteine handelt.
Beide Mineralien wurden auf der Südinsel von Neuseeland gefunden, hier stehen metamorphe Ophiolithe an, aufgeschuppte Decken von basischen Gesteinen die während der Gebirgsbildung der Neuseeländischen Alpen emporgehoben wurden.
 
Literatur:
 
Varia (2015): Das Themenbuch -Edelstein. Sonderband der Mineralientage München.

25. Oktober 2015

Kunst & Geologie: Klimawandel in der Kunst

Seit den 1960er Jahren wird versucht Gemälde als Klimaarchive zu verwenden. Bilder können zwar keine quantitativen Klimadaten liefern, sie liefern aber eine Übersicht über vergangene Klimaveränderungen. So zeigen urzeitliche Felsbilder in der Sahara Tiere die nur in einer Savannen-ähnliche Landschaft vorkommen können, sowie schwimmende Menschen, ein Hinweis darauf das in der Vergangenheit dort feuchtere Zeiten geherrscht haben müssen.
 
Lange Zeit waren Malerei und Kunst mehr auf den Menschen als seine Umwelt bedacht. Erst mit der holländischen Landschaftsmalerei im 17. Jahrhundert wurde die realitätsnahe Darstellung der Landschaft und Natur üblich. Es ist daher verlockend diese Bilder herzuziehen um die Umwelt und Landschaft  in diesen Zeitepochen zu rekonstruieren. Allerdings werden in diesen Bilder oft Bildkompositionen verwendet - auch wenn einzelne Elemente real sind, werden diese in eine idealisierte Landschaft zusammengestellt. Die Gemälde, bei aller Liebe zum Detail, ist den künstlerischen und gesellschaftlichen Formen unterworfen.
 
So sind auch viele Gemälde die Schnee und Eis in der britischen und niederländischen Landschaft zeigen oft als Hinweis für die mitteleuropäische Kleine Eiszeit gedeutet worden. Diese Periode ungünstiger Klimaverhältnisse, ungefähr vom 13. zum 18. Jahrhundert, ist mittels paläoklimatischer Daten relativ gut gesichert, allerdings können die Klimadaten nicht direkt auf das gesellschaftliche Leben und Kunst zur damaligen Zeit übertragen werden. Künstler wie Pieter Bruegel der Ältere (1525-1569) und Caspar David Friedrich (1774-1840) stellen tatsächlich in ihren Bildern Eislandschaften dar, allerdings sind diese oft nicht auf bestimmte Jahre festzumachen und neben diesen Bildern existieren auch zahlreiche die nichts mit Kälte zu tun haben. 

Abb.1. Die Jäger im Schnee, um 1565, als Monatsbild stellt es eine idealisierte Winterlandschaft dar und ist ein Teil einer Serie die verschiedene Jahreszeiten darstellen soll.

Vor allem Pieter Bruegel  scheint die Winterlandschaft erst in seinen späten Jahren, ab 1560, entdeckt zu haben.
 
Der italienische Künstler Giuseppe Arcimboldo (1527–1593) war Hofmaler von Kaiser Rudolf II, berühmt geworden durch seine eigentümlichen Porträts, wo der Monarch als heidnischer Fruchtbarkeitsgott, zusammengesetzt aus den Gaben der Natur, dargestellt wird. Wollte der Auftraggeber mit diesen seltsamen Bildern die Unfruchtbarkeit des Landes, verursacht durch das kalte und nasse Wetter, symbolhaft vertreiben? 

Abb.2. "Die Erde" von Giuseppe Arcimboldo, um 1570. Verursachte die Kleine Eiszeit Mangel durch das kalte Wetter und Depressionen wegen den trüben Tagen und stellte sich Rudolf II. deshalb so gerne als strahlender Fruchtbarkeitsgott dar? Eine etwas gewagte These.

Auch hier kann das Bild nicht auf kalte, harte (Klima-)Daten reduziert werden, die Gesellschaft und Interessen des Auftraggebers, die Erfahrung und Weltanschauung  des Künstlers, spielten bei weitem die bedeutendere Rolle bei der Auswahl der darzustellenden Objekte.

Literatur:

BEHRINGER, W. (2007): Kulturgeschichte des Klimas - Von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung. C.H. Beck-Verlag, München: 352
HÜTTL, R. (ed.) (2011): Ein Planet voller Überraschungen / Our Surprising Planet - Neue Einblicke in das System Erde / New Insights into System Earth. Springer Verlag: 316

19. Oktober 2015

Mikroorganismen in der Erdkruste

"Die Unsterblichen ... wir stellen ihren Namen auf die Probe!

Abb.1. Flechten wie Toninia candida sind hart im Nehmen und gewinnen Nährstoffe oft von blanken Gesteinsflächen, dies ist aber nichts im Vergleich zu dem was einige Mikroorganismen tief in der Erdkruste leisten.

Das Leben auf der Erde ist zäh, besonders wenn es die Form von Mikroorganismen annimmt. Bakterien wurden bereits in kochenden Quellen (80-130°C), giftige Seen (pH 2-11, Picrophilus bei pH 0.7), lebendig begraben in Tiefseesedimente oder in Wassertaschen von Eis und Schnee entdeckt. Nanoarchaeum equitans ist die kleinste bekannte Lebensform, immer aufsitzend auf Ignicoccus, ist es von den schwarzen Rauchern der Tiefsee beschrieben. In der südafrikanischen Mponeng-Mine wurden Mikroorganismen in 2.800m Tiefe in 60°C heißen, uralten Grundwasser gefunden. Der Bacillus infernus lebt in Gesteinsklüften aus einer Tiefe von 5.278m und theoretisch könnte Leben bis in einer Tiefe der Erdkruste von 3 bis 10km existieren, wo die Temperaturen noch unter 113-120°C liegen. 

Diese Organismen leben in einer Umgebung die kaum vorstellbar ist. Sonnenlicht ist nicht vorhanden und damit Photosynthese ausgeschlossen, hydrothermale Fluide können kaum durch das dichte Gestein zirkulieren und vor allem mangelt es Nährstoffe. Doch es gibt eine beinahe unerschöpfliche Energiequelle selbst im härtesten Granit.
 
Durch radioaktiven Zerfall der Granit-Komponenten (vor allem des Urans in den Glimmern) entsteht Strahlung die Wassermoleküle in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet, der Wasserstoff kann wiederum von den Mikroorganismen zu Acetat (Kohlenstoff-Wasserstoff-Sauerstoff-Verbindungen) umgewandelt werden und Acetat kann seinerseits zu Methan abgebaut werden. Jeder dies Schritte liefert zwar wenig, aber doch genügend Energie um über die Runden zu kommen. 
An frischen Bruchflächen des Gesteins ist die Reaktionsfreudigkeit zwischen den Mineralkörnern, Wasser-Molekülen und Gas besonders groß. Entlang von Störungszonen könnten sich somit ideale Habitate für Mikroorganismen ausbilden. Dies könnte eine interessante Beobachtung an Mineralquellen im sächsischen Kurort Bad Brambach erklären. Nach einer Reihe von Erderschütterungen wurde eine wesentliche Zunahme der Methankonzentration im Wasser beobachtet. Möglicherweise zerbrach der Granit, die frischen Bruchflächen lieferten genug „Nahrung“ für die Bakterien, die bereits im Gestein vorkommen, um wieder aktiv zu werden, wachsen und sich vermehrten. Dabei entsteht das Methan als Abfallprodukt das sich im Wasser löst und durch die Quellen an die Oberfläche gelangt.

Literatur:
 
KEHSE, U (2007): Das Leben der anderen. Bild der Wissenschaft 06/2007: 54

24. September 2015

Erdexpansion, oder die Geschichte der "wachsenden Erde"

daß unser Erdkörper ehedem im Brande gestanden, da die meisten Felsengebirge über die Oberfläche der Erde empor getrieben worden,“
Heinrich Gottlob von Justi „Geschichte des Erdkörpers aus seinen äußerlichen und unterirdischen Beschaffenheit hergeleitet und erwiesen" (1771)
 
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde es klar das die Erdkruste keine statische Hülle der Erde, sondern etwas höchst Dynamisches ist, wie sonst konnten Sedimente mit Fossilien von Meeresorganismen selbst auf die höchsten Gipfel geschoben werden?  

Eine der seltsameren Theorien diese geologischen Besonderheiten zu erklären ist die Erdexpansion-Hypothese. Bei der Erdexpansion werden die Spreizungszonen der Mittel-Ozeanischen Rücken akzeptiert, Subduktionszonen sollen aber – wörtlich - „ein Mythos“ sein. Folgerichtig, da Erdkruste immer neu entsteht aber keine in den Mantel zurückgelangt, muss der Erdball wachsen.
 
Auf die Idee kam man hauptsächlich durch paläontologische und paläogeographische Hinweise. Zwischen 1959 und 1977 publizierten die Geologin Marie Tharp (1920-2006) und der Ozeangraf Bruce Charles Heezen (1924-1977) die ersten detaillierten Meeresbodenkarten und entdeckten die Mittel-Ozeanischen Rücken (MOR), die die Grenzen tektonischer Platten bilden. In 1962 publizierte Harry Hess (1906-1969) einen der wichtigsten Artikel in der Geschichte der Geologie überhaupt, er schlug vor das entlang der MOR Magma aufsteigt und dabei die beiden aneinanderstoßenden Platten zur Seite gedrückt werden – der Mechanismus der Bewegung der tektonischen Platten und Auseinanderbrechen des Urkontinents Pangäa war gefunden. Allerdings war nicht klar ob und wie die Platten in den Erdmantel eintauchen, möglich wäre das sie übereinander geschoben werden - eine nicht ganz unrealistisch Vorstellung - so rutscht tatsächlich die Farallon-Platte zunächst unter den Nordamerikanischen Kontinent entlang, sinkt allerdings schließlich in den Erdmantel ab wie moderne seismische Untersuchungsmethoden zeigen. Eine extreme Variante der Idee das Platten nicht in den Mantel absinken ging so weit das man annahm das Platten nebeneinander zu liegen kommen und daher notwendigerweiße mehr Fläche einnehmen.

So soll laut Erdexpansions-Modell Pangäa die gesamte Kruste der Erde vor 200 Millionen Jahre darstellen. Neue Kruste die entlang der MOR gebildet wird drückte Pangäa auseinander, aber da keine Subduktion stattfindet vergrößerte sich der Umfang des Planeten! Die Hypothese schien einige geologische Rätsel zu erklären. In 1956 schlug Laszlo Egyed, Professor am Geophysikalischen Institut von Budapest, vor das Meeresspiegelschwankungen in der Vergangenheit durch die Veränderung des Erdradius zu erklären sind, bzw. als im Devon die ersten Landmassen aus dem Urmeer tauchten (weil sich die Krümmung und die Oberfläche der Erde änderte, die Wassermenge aber nicht), entwickelten sich auch die ersten Landtiere.
 
Allerdings gibt es ein großes Problem mit dieser Idee - es ändert sich ja nicht nur die Oberfläche der Erde, die größer wird, sondern auch das Volumen des Erdkörpers - mit was sollte dieses zusätzliche Volumen denn bitte schön gefüllt werden? Mechanismen die die Erdexpansion erklären könnten sind deshalb rar und nicht ganz überzeugend - Umwandlung von Mineralphasen durch veränderte Druck- und Temperaturen, fortschreitende Abschwächung der Schwerkraft (und so Dichte der Erde), Raum-Zeit Expansion… 

Neben dem Fehlen des Mechanismus zeigen Satellitenmessungen auch die Bewegung der Platten in horizontale, aber nicht vertikale Richtung – zurzeit scheint die Erde also nicht (wirklich) mehr zu wachsen. Auch scheinen Subduktionszonen nicht ganz ein Mythos sein, Tiefseerinnen, die Verteilung von Erdbebenherde, metamorphe Gesteine die zunächst subduziert und dann wieder exhumiert wurden, lassen darauf schließen das Erdkruste tatsächlich in den Erdmantel abtaucht. 

Wir befinden uns im Jahre 2015 n.Chr. die ganze Erdwissenschaftler-Gemeinschaft ist von der Plattentektonik überzeugt... Alle Wissenschaftler? Nein! Ein von unbeugsamen Gelehrten bevölkerte Gemeinschaft hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten...
Noch im Mai 2001 wurde in Deutschland ein Kolloquium zu Ehren von Ott Christoph Hilgenberg (1896-1976), ein Ingenieur der die Erdexpansion in Deutschland populär zu machen versuchte, abgehalten und In 2003 und 2004 folgten weitere, auch internationale, Tagungen.

Abb.1. Das Erbe von Hilgenberg wurde vom Ingenieur  Klaus Vogel übernommen, der im Laufe der Zeit zahlreiche Globen einer um 20% kleineren Erde bastelte, neben seinen Basteleien hatte er aber wenig Fakten vorzuweißen. Das Bild zeigt ihn zusammen mit dem  australischen Geologen Warren Cray, ebenfalls prominenter Anhänger der Erdexpansion.

19. September 2015

Von den Untiefen der Meere zu den Gipfeln der Welt

Auf die Frage wieso er den Mount Everest bezwingen wolle, soll George Mallory mit dem berühmten Satz "Weil er da ist" geantwortet haben, aber es gab auch praktische Gründe  "Für die Steine vom Gipfel für die Geologen…"

George Mallory  versuchte zusammen mit Sandy Irvine am 6. Juni 1924 den Gipfel des Everest zu erreichen – beide verschwanden in den Wolken und wurde nie wieder lebendig gesehen. Zeitgleich suchte einer ihrer Kollegen, Geologe Noel Ewart Odell (1890-1987), unterhalb des Gipfels auf 8.000m nach Fossilien.

Der Kalkstein vom Gipfel des Mount Everest ist von mariner Herkunft, er besteht aus Fossilien  - wie er allerdings dorthin kommen konnte blieb bis zur modernen Entdeckung der Plattentektonik ein geologisches Rätsel.
Die Basis des höchsten Gipfels der Erde besteht aus hellem Granit, auf dem eine Abfolge von Sedimenten folgt. Die untere Everest Serie besteht zumeist aus metamorphen Schiefern mit eingeschalteten Kalkstein-Bändern. Es folgt das berühmte „Gelbe Band", das aus metamorphen Kalksteine und Kalk-Silikatfelsen besteht. Der Gipfelaufbau des Mount Everest wird schließlich von ordovizischen fossil-führenden Kalksteinen und Megeln geprägt. 

Abb.1. Der Himalaya ist beinahe doppelt so hoch wie die Alpen, viele Gipfeln beider Gebirgszüge bestehen aus ehemaligen marinen Sedimenten, aus dem Berghaus-Atlas (1845-1862).

Fossilien die auf Berge gefunden wurden waren nichts neues. Bereits Leonardo da Vinci (1452-1519) beschreibt Fossilien aus den Bergen der Toskana und merkt an das sie dorthin nicht mittels der Sintflut transportiert worden sein konnten, da sie in Lebensstellung gefunden wurden. Allerdings war seine Ansicht, die er nie publizierte, eher die Ausnahme als die Regel und das nicht nur zu seiner Zeit.
Die erste Nennung von Fossilien aus Dolomiten geht zurück in das Jahr 1741 – laut Sitzungsprotokoll vom 18. August desselben Jahres erwähnt der Stadtphysikus von Innsbruck, Franz Ferdinand von Giuliani (1701-1762), in seinem Vortrag  „Dissertatio de Fossilibus universalis Diluvii“ mehrmals Muscheln aus dem Pustertal  bzw. Pustertaler Bergen. Da das Pustertal in Südtirol selbst von metamorphen Gesteinen geprägt wird, bezieht sich diese Ortsangabe wohl eher auf die südlicher liegenden Dolomiten. Giuliani diskutiert die Fossilien auf den Bergen als eindeutige Überreste der biblischen Sündflut. Erst im Laufe des 18. und besonders im 19. Jahrhunderts werden Fossilien als marine Organismen gedeutet und es wird klar das eine weltweite, auch eine biblische,  Flut niemals die höchsten Gipfel der Erde bedecken könnte.
 

Abb.2. Geologischer Schnitt des Matterhorns, im Jahre 1868 vom Italienischen Bergbauinspektor Felice Giordano angefertigt. Hier sind marine Sedimente teilweise tektonisch überfahren worden.

Nun wurden marine Sedimente auf Gipfeln durch die Bewegungen der Erde erklärt. Leopold von Buch (1774-1835) schlug vor das vulkanische Intrusionen große Blasen auf der Erdkruste bildeten - Blasen die wir Berge nennen. Von Buchs Theorie wurde von englischen Geologen nicht allzu ernst genommen, vor allem als Charles Lyell nachweißen konnte das verschiedene Lavaflüsse verschieden geneigt waren - wie sollte das möglich sein falls ein Berg sich von einem einzelnen "Erhebungspunkt" aus bildete? 
Eine alternative, überaus erfolgreiche Theorie besagte das große Stücke der Erdkruste von unter dem Meeresspiegel nach oben geschoben wurden, zeitgleich sanken gewisse Abschnitt ab. Der österreichische Geologe Eduard Suess (1831-1914) erklärte sogar Meeres-Untiefen, die Kontinente umgeben, als solche Senkungszonen (Diese Abschnitte sind tatsächlich die Tiefseerinnen die durch die Subduktion der ozeanischen Kruste unter die kontinentale Kruste entstehen).

 
Abb.2. Handgezeichnete Karte der Erde mit den primären Kernen der Kontinenten - Überreste der früheren Erdkruste einer größeren Erde, aus E. Suess "Das Antlitz der Erde".

Die vertikalen Bewegungen bzw. Absenkungen der Erdkruste sollten durch das langsame Abkühlen der Erdkugel, und damit verbunden ein Schrumpfen des Erdvolumens, verursacht werden. Diese Kontraktionstheorie konnte aber nicht die unregelmäßige Verteilung von Gebirgen und Ozeanen erklären - bei einer konstant schrumpfenden Erde sollten diese zufällig und daher regelmäßiger verteilt sein. Es brauchte eine bessere Erklärung…

Literatur:

SEARLE, M. (2013): Colliding Continents: A geological exploration of the Himalaya. Oxford University Press: 438