6. April 2015

Kunst & Geologie: Albrecht Dürers Landschaftsbilder

Während der Renaissance (ungefähr 1450-1600) erfuhren die verschiedensten Wissenschaften und Künste ein regelrechte Wiedergeburt - große Fortschritte wurden in der Astronomie, Physik und Medizin erzielt, aber was war bloß mit der Geologie los? 

Tatsächlich gibt es zunächst nur wenige einschneidende Erkenntnisse. Der Italienische Universalgelehrte Leonardo da Vinci (1452-1519) erkannte Fossilien als Überreste ehemals lebender Tiere die zwischen den Schichtungen der Gesteine eingebettet wurden, allerdings behielt er diese Beobachtungen für sich, so dass sie keine Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Geschichte hatten. 
Allerdings beeinflusste Leonardo indirekt die Geologie. Leonardo nutze seine naturwissenschaftlichen Beobachtungen in seinen Kunstwerken. So wie bei einem Menschen alle Organe zusammenarbeiten (Leonardo war Einer der Wenigen zu seiner Zeit der Leichen sezierte) und die Proportionen der Glieder aufeinander abgestimmt sind, so sind die Proportionen und Elemente einer Landschaft aufeinander aufgebaut und hängen zusammen. Weiter entfernte Berge verschwimmen und erscheinen dem Beobachter zu schrumpfen, allerdings – so Leonardo - folgen diese optischen Effekte klar definierten Fluchtlinien und Gesetze.
 
Abb.1. "Hügel in der Toskana" ist eines der ältesten bekannten Werke von Leonardo da Vinci, skizziert um 1473. Leonardo spielt hier geschickt mit den Landschaftselementen um eine Perspektive zu erhalten. So nutzt er die Schichtung der Sedimentgesteine über den Wasserfall als Konstruktionslinien um dem Bild, zusammen mit dem weiter hinten liegenden Horizont und Feldern in der Schwemmlandebene, Tiefe zu geben. Wasser verbindet den Berg mit dem Tal, den Vorder- mit dem Hintergrund - für Leonardo waren Flüsse ähnlich wie Arterien der Erde, sie transportierten Stoffe von der Oberfläche in die Tiefe in einer Art von Kreislauf.
 
Leonardos Herangehensweise inspirierte auch andere italienische Künstler, die wiederum europaweit  Künstler und Maler inspirierten. Albrecht Dürer (1471-1528) bereiste zweimal Italien, wo er die Grundlagen der Perspektive studierte. Doch es zeigt sich die Neuartigkeit dieser Malweise, da selbst ein großer Künstler wie Dürer in seiner Lebenszeit nie vollständig die Perspektive-Malerei beherrschen wird.

Auf seiner Rückreise übte er und skizzierte verschiedene Steinbrüche in den Alpen, wahrscheinlich in der Umgebung seiner Heimatstadt Nürnberg, Süddeutschland und in Teilen Österreichs. Die Bilder sind drei-dimensionale Darstellungen der Felswände, wobei die horizontale Schichtung (Wahrscheinlich Sandstein-Formation mit dünnen Mergel-Zwischenlagen) oder Klüftung in die Perspektive mit-eingearbeitet worden sind.
 
Abb.2. Landschaftsstudie „Steinbruch“ oder „Felswand“, um 1495-1500.
 
In einem seiner Bilder versteckt Dürer ein menschliches Antlitz in einer der Felswände, wahrscheinlich eine Anspielung auf das Konzept das die Proportionen der Natur die Proportionen  des menschlichen Körpers widerspiegeln. Noch deutlicher wird dies in seinem Landschaftsbild „Ansicht von Arco“, wo in der Mitte des Berges ein menschliches Gesicht nach Links blickt.
 
Abb.3. „Ansicht von Arco“, um 1495.
 
Die Künstler wenden die Kenntnisse der Darstellung des menschlichen Körpers auf die Landschaft an und dies hatte auch große Auswirkungen auf die Darstellungen von naturwissenschaftlichen Konzepten. Es mag kein Zufall sein das der Däne Niels Stensen (1638-1686), Begründer der modernen Stratigraphie, von der Ausbildung her Anatom war.  In den damaligen Textbüchern tauchen die ersten detailgetreuen Darstellungen des menschlichen Körpers auf. Steno wendet diese exakte und genaue Darstellungsweise auch auf die innere Anatomie der Erde an. Die verschiedenen Elemente der Erde arbeiten zusammen und dürfen nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Auf Erosion erfolgt Sedimentablagerungen, es entstehen die durchgehenden Schichten. Erneute Erosion legt die Schichten frei, die nun von einem aufmerksamen Beobachter in der Landschaft gefunden werden können.
 
Literatur:
 
ROSENBERG, G.D. (2009): The measure of man and landscape in the Renaissance and Scientific Revolution, in Rosenberg, G.D., ed., The Revolution in Geology from the Renaissance to the Enlightenment: Geological Society of America Memoir 203: 13-40

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