31. März 2016

Kunst & Geologie: Ewige Schönheit und blutiger Fluch - der Diamant



Der Begriff Diamant leitet sich vom griechischen adamas ab, der Unbezwingbare, eine Anspielung auf seine Härte und schwierige Bearbeitung, aber auch auf seine angebliche Macht gegen Gifte und Angriffe zu schützen. 

Abb.1. Perfekter Kristall auf Matrix.

Erst um 1694 konnten der Arzt und Physiker Cipriano Targioni (1672-1748) und der Naturforscher Giuseppe Averani (1662-1738) zeigen das Diamanten brennbar sind und in 1772 wandelte Antoine Laurent de Lavoisier einen Diamanten in Rauch (CO2) um – Diamanten waren also gar nicht so unbezwingbar wie angenommen. In 1797 erbrachte der Mineraloge Tennant den endgültigen Nachweis das der Diamant nur reiner, kristalliner Kohlenstoff ist. Kurioserweise wurde erst im 20. Jahrhundert der Brillantschliff entwickelt, der das Feuer eines Diamanten erst so richtig zur Geltung bringt, vorher war der Schnitt von Diamanten relativ unspektakulär, mit wenigen Flächen die das Licht brechen konnten. Dies erklärt vielleicht auch die Tatsache das reiner Quarz (schöne, klare Kristalle sind relativ selten aber immer noch kostengünstiger als ein Diamant) als Diamant-Ersatz bei römischen Artefakten beliebt war.

Abb.2. Der Edelstein-Händler Jean-Baptiste Tavernier (1605-1689) illustriert in seinem Reisebericht die Schliffmuster für Edelsteine (aus "Les Six Voyages de Jean-Baptiste Tavernier", 1676), er war auch einer der zahlreichen Besitzer des Hope-Diamanten (den er passenderweise "le Tavernier" nannte).

Lange zeit war der Ursprung der Diamanten ein Rätsel. Laut Hinduismus entstehen Diamanten wenn Blitze in Felsen einschlagen. Heute weiß man das Kohlenstoff  in einer Tiefe von 100km so zusammengebacken wird, das die Kohlenstoff-Atome zu all ihren Nachbarn eine Verbindung aufbauen, was die hohe Härte des Kristalls erklärt. Kurioserweise ist der Diamant zwar der härteste natürliche Kristall der in der Natur vorkommt, aber auch sehr spröde.

Im Altertum stammen Diamanten aus den einzig bekannten Lagerstätten in Indien (bis um 1650 die einzig bekannte Lagerstätte für den Edelstein), hier waren Diamant-führende Kimberlit-Gesteine (aus Olivin und Biotit zusammengesetzte Mantelgesteine die aus der entsprechenden Tiefe für Diamant-Bildung stammen) der Dekkan-Basalte erodiert und die Edelsteine in Sedimentgesteine angereichert worden. Erst viel später wurden Vorkommen auch in Südafrika (1867), Russland (Sibirien, um 1950), Australien (1970), Kanada, Venezuela, Brasilien (1725) und Borneo entdeckt. 

Die heutige weltweite Jahresproduktion beträgt um die 20 Tonnen, die meisten Diamanten haben dabei nur industrielle Verwendung.

Der 787-Karat schwere Großer Mogul wurde zwischen 1500-1650 in der Lagerstätte von Kollur gefunden und verschwand auf mysteriöser Weise, vielleicht umgeschliffen zum Koh-I-Noor. Koh-I-Noor (108ct nach zahlreichen Schleifarbeiten), großer Diamant von Kollur laut einigen Schriftgelehrten, nach anderen aber auch einfach Berg des Lichts, gehörte dem König von Babur und ersten Mogul von Indien. Er gelangte 1849 in die Hände der Ostindien-Kompanie und schließlich in die Kronjuwelen der englischen Krone. 



Seit 1918 verschwunden ist der Florentiner, ein 137-Karat schwerer Indischer Diamant der den Herzögen der Toskana und später den Habsburgern gehörte. Der  Hope-Diamant (45ct), wahrscheinlich ebenfalls aus Indien, ist durch eine charakteristische blaue Färbung gekennzeichnet. Angeblich verflucht gehörte er heute zur Sammlung des Smithsonian Institute in Washington. Der Cullinan wurde 1905 in einer Mine bei Pretoria in Südafrika gefunden, mit einem Rekordgewicht von 3106-Karat. Aber auch dieser Fund war nur ein Teil eines viel größeren, mit typischer Doppelpyramiden-Form, Diamant-Kristalls - damit ist der Culinan der größte je entdeckte Diamant. 

Nicht nur in der Liebe, so spielen Diamanten leider auch im organisierten Verbrechen und in Terror-Netzwerken eine wichtige, wenn auch eine blutige Rolle. Sie bieten eine hohe Gewinnspanne bei geringes Gewicht - ein "ideales Zahlungsmittel" - leicht zu transportieren, können schnell zu Geld gemacht werden und es ist immer noch schwierig nachzuweisen woher die Kristalle ursprünglich stammen, ob aus regulären Minen oder als Blut-Diamanten aus Konfliktzonen.
 

23. März 2016

Die Magie der Steine

Seit Urzeiten hofft der Mensch auf die Hilfe von Symbole und Amulette, auf diese “Anker”  werden eigene Wünsche und Hoffnungen projiziert. Verschiedene Schmucksteine sollen individuell auf das Befinden des Trägers wirken und nicht nur physische, sondern auch psychische Eigenschaften fördern, wie schöpferische Kraft, Weisheit usw. Heilsteine umfassen Edel- wie auch Halbedelsteine, vom edlen Diamant zum feurigen Rubin, vom einfachen Quarz in all seinen Varietäten zum „Blutstein“ Hämatit.


Bereits medizinische Papyrus aus dem alten Ägypten enthalten Beschreibungen von Medizinrezepturen die auch Mineralien beinhalten. Das schwarze Pigment "kohl" diente neben der Ästhetik auch als mögliche Medizin und Schutz der Augen vor dem gleißenden Sonnenlicht. In der indischen Medizin soll Mineralpulver angeblich die innere Harmonie der Farben (wobei das entsprechend farbige Pulver eingenommen werden muss) zurückbringen. Bei den Römern sollte Hämatit-Pulver bei Augenleiden helfen. Der griechische Naturgelehrte Aristoteles (384-322 v.Chr.) lehrte das Strahlung der Gestirne die Mineralien in der Erde wachsen lasse, so wie die Sterne Einfluss auf den Menschen hatten, übertrug sich diese Eigenschaft auch auf die Edelsteine.

Im Mittelalter bis zur Renaissance waren die Kräfte der Mineralien ein wichtiges Bestimmungsmerkmal um sie vom gewöhnlichen Gestein zu unterscheiden. Neben sichtbaren Merkmalen wie Farbe und Glanz wurden in zeitgenössischen Traktaten auch die „operationes“, also ihr medizinischer Einsatz, stets angeführt. 

Abb.2. Ein Lapidarium, der "Hortus sanitatis – Tractatus de lapidibus" um 1485, die Edelsteine sind nach ihren angeblichen Heilkräften im Buch aufgelistet, beschrieben und dargestellt.

Hildegard von Bingen (1089-1179) machte die Heilsteine durch ihre Schriften, wie „Physica“ und „Causae et curae“ populär und wirkt auch heute noch nach. Über 20 Schmucksteine werden bei ihr beschrieben. Der Bergkristall soll unter Anderem gegen Krankheiten der Augen helfen, aufgeladenen mit Sonnenlicht soll er auf die betroffenen Stellen gelegt werden. Moderne Edelsteinmedizin nutzt 12 Steine, wobei es keine einheitliche Liste der Steine und ihre angebliche Wirkungen gibt. 12 ist übrigens eine heilige Zahl, da angeblich der Hohepriester der Israeliten ein goldenes Schild, verziert mit vier Reihen von drei Edelsteinen, als Schmuck trug, davon stammt auch die moderne Idee der 12 Monatssteine ab.

Eine oft angeführte pseudowissenschaftliche Erklärung für die angebliche Wirkung von Schmucksteine sind geladene Ionen. Tatsächlich sind Kristalle ladungsneutral, da sich die Atome im Kristallgitter am energetisch günstigsten anordnen und negative wie positive Ionen oder Ionengruppen gegenseitig aufheben. Daneben ist es völlig unklar wie geladene Ionen überhaupt auf Organe und Psyche wirken sollten. Die deutschen Physiker B. Helm und P. Ludwig schlagen vor das Kristallgitter Schwingungen abgeben und diese "Energie" auch Wasser aufladen könnte. Ein ähnliches Prinzip wie in der Homöopathie, die nachgewiesenermaßen nicht funktioniert.
 

Neben angeblichen magischen Kräften - wie „Energie konzentrieren“, physikalisch ziemlicher Unsinn - haben diese Amulette aber tatsächlich einen positiven psychologischen Effekt, indem sie als Erinnerung an gewisse gesteckte Ziele dienen können...sie zu erreichen ist aber uns selbst überlassen.

Literatur:

DUFFIN, C.J. (2013): Lithotherapeutical research sources from antiquity to the mid-eighteenth century. In: Duffin, C. J., Moody, R. T. J. & Gardner-Thorpe, C. (eds): A History of Geology and Medicine. Geological Society, London, Special Publications, 375: 7–43

5. März 2016

Kunst & Geologie: Leonardo da Vinci, Felsen und Erosion

Erste exakte Darstellungen von Felsformationen in Bildern findet man bei Renaissance-Künstler Giovanni Bellini (1437-1516) und Leonardo da Vinci (1452-1519), wobei bei Ersteren weniger die Wissenschaft als die Symbolik im Vordergrund stand. Für Bellini steht die Natur für Gottes Werk, eine so genaue Darstellung wie möglich sollte daher Gottes Schaffen lobpreisen. 
Abb.1. Giovanni Bellini, Ekstase des heiligen Franziskus, um 1485.

Da Vinci studierte die Natur aus Interesse an ihr und wandte einige seine Beobachtungen und Entdeckungen für seine Bilder an. Die Flüchtigkeit und das Fließen des Wasser hatte es ihm besonders angetan. Da Vinci erkannte die erodierende Kraft des Wassers „Es möchte, wenn es ihm möglich wäre, die Erde in eine vollkommen sphärische Form verwandeln“.  Wasser spielt in seiner Erd-Philosophie die Rolle des Blutes im menschlichen Körper:
 
Wir können also sagen, die Erde habe ein triebhaftes Leben, ihr Fleisch sei das Erdreich, ihre Knochen seien die zusammenhängenden Schichten der Gestein, aus denen sich die Berge zusammensetzen: ihre Knorpel seien die Tuffsteine, ihr Blut seien die Wasseradern. Der Blutsee, der das Herz umgibt, ist gleich dem Weltmeer. Das Atmen geschieht beim Menschen durch das Anwachsen und Abnehmen des Blutes in den Adern, und ebenso bei der Erde , durch den Zufluß und Rückfluß des Meeres; die Lebenswärme der Welt kommt vom Feuer, das in der ganzen erde verbreitet ist, und der Sitz des triebhaften Lebens befindet sich in den Gluten, die an verschiedenen Stellen der Erde ausströmen, in Heilbädern und Schwefelquellen und Vulkanen, wie etwa Mongibello (Ätna) auf Sizilien und vielen Anderen Orte.“
Codex Leicester
 
Es existieren fünf Skizzen die Da Vincis Studien zu Felsklippen beinhalten. Die stark zerklüfteten Felsen sind durch Wind und Wetter, Regen und Frost aufgelockert und ein Bach hat eine tiefe Schlucht in das Massiv gegraben. 

Abb.2. Studie von Felsklippen.

In seinen fertigen Bildern stellt Da Vinci kaum nur eine Landschaft dar, allerdings tauchen geologische Beobachtungen im Hintergrund seiner Porträts auf. Hinter der Mona Lisa sieht man einen See. Dieser könnte auf seine Entdeckung beruhen das der Fluss Arno bei Florenz einst durch Felsriegel zu einem See aufgestaut war (oder auch nur inspiriert durch den See von Iseo).
 
Abb.3. Da Vinci, das Arno-Tal in Vogelperspektive.

Da Vinci stellt die erodierende Kraft des Wassers in seiner Felsengrottenmadonna dar. Das Gebirge scheint bis zum Hintergrund hin vom Wasseradern aufgelöst worden zu sein, beinahe zerfressen. Hier stellt Da Vinci seine Vorstellung vom Erdinneren dar, so schreibt er auch in seinem Codex Atlanticus "Ganz große Flüsse laufen unter der Erde." Vielleicht wurde das Gemälde auch durch die  Erforschung einer realen Höhle, wie sie Da Vinci selbst beschreibt, inspiriert:

„Gezogen von meinem gierigen Verlangen …, süchtig, die große Fülle der verschiedenen und seltsamen Gestaltungen der kunstfertigen Natur zu sehen, kam ich nach einigem Umherwandern zwischen den düsteren Felsen zum Eingang einer großen Höhle, vor dem ich eine Weile verwundert stehen blieb, weil ich nichts von ihr wusste. Mit gebeugten Rücken, die linke Hand auf das Knie stützend und mit der rechten die gesenkte, gerunzelte Stirn überschattend, streckte ich mich immer wieder nach vorn, bald hierhin und bald dorthin, um auszumachen, ob drinnen etwas zu erkennen sei.  Aber daran wurde ich durch die tiefe Dunkelheit gehindert, die dort herrschte. Nachdem ich so eine Weile dagestanden hatte, wurden zwei Gefühle in mir wach, nämlich Schauder und Begierde: Schauder vor der düster bedrohlichen Höhle und Begierde zu erforschen, ob dort im Inneren etwas Staunenswerte zu finden sei...“

Abb.4. Felsgrottenmadonna, um 1495–1508

Literatur:

SCHNEIDER, N. (2009): Geschichte der Landschaftsmalerei – Vom Spätmittelalter bis zur Romantik. Primus-Verlag: 214

3. März 2016

Kunst & Geologie: Gebirgsbildung und Landschaftsmalerei

Der flämische Künstler Joachim Patinir (1475/1480-1524)  scheint sehr an der Geologie seiner Zeit interessiert gewesen zu sein, so tauchen in seinen Landschaftsbildern immer wieder exakt dargestellte Felsklippen auf, wie auch breite Flüsse, die laut Georg Agricola eine bedeutende Rolle in der Gebirgsbildung hatten, so schreibt Agricola in seinem „De ortu et causis subterraneorum“ (1546):
 
Zwei Kräfte sind es, deren sich die Natur zur Erschaffung der Gebirge bedient: das Wasser und der Wind in Verbindung mit den Dämpfen. Bei der Zerstörung der Gebirge finden wir außer diesen beidne Kräften noch eine dritte, das Feuer, beschäftigt… Die Gießbäche spülen anfangs nur die weiche Dammerde ab; in ihrem weiteren Fortlaufe lassen sie selbst die … Felsen nicht unbenagt; sondern waschen ganz kleine Stückchen oder Bröckeln von ihnen ab; endlich spalten sie sogar das Gebirge entzwei und wälzen große Felsklumpen mit fort. In wenigen Jahren wühlen sie auf der ebenen oder abschüssigen Fläche einen Graben oder ein Flußbett von merklicher Tiefe aus… Nach Verlauf mehrerer Jahrhunderte erreichen diese Flußbetten… oft eine anstaunenswürdige Tiefe… Mehre Flüsse scheinen sich zwischen den hohen Gebirgen, die ihre Ufer formieren, hindurchzudrängen. Wenn sich das Gebirge zu beiden Seiten der Flüsse gesenkt haben, so bilden sich weite und niedrige Täler, über die sich blühende Gefilde ausbreiten…

 
Abb.1. Joachim Patinir „Flucht nach Ägypten" „Charon in der Unterwelt“ (um 1515-24).